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Funktionsweise und künstlerische Intention

Die Camera Obscura ist der Prototyp aller Film- und Fotokameras. Ihre Funktionsweise basiert auf einem bereits seit der Antike bekannten optischen Prinzip, das sich Naturwissenschaftler, Astronomen und Künstler seit Jahrhunderten zu eigen machten, um die Welt zu erforschen und darzustellen.
Maler wie Canaletto oder Vermeer bedienten sich der Camera Obscura als Hilfsmittel ebenso wie zuvor Brunelleschi bei seiner Anwendung der Zentralperspektive.

Das Prinzip der Camera Obscura ist sehr einfach. Fällt durch ein Loch oder eine Linse Licht in einen ansonsten stockfinsteren Raum, so erzeugt es auf dessen Rückseite ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes – wenn auch lichtschwaches – Abbild. Kontrast und Schärfe des Abbildes variieren je nach Lichtintensität und Durchmesser der Lochblende. Als realzeitliche Projektion kann dieses sowohl Stand- als auch Bewegungsbild seiner Umgebung sein. Im Modell der Camera Obscura wiederholt sich auch das Prinzip der Wahrnehmung der Außenwelt durch das menschliche Auge. Unser Gehirn stellt die vermeintlich „verkehrten“ Bilder wieder auf die „richtige“ Seite.

Der Maler Martin Streit verzichtet in seiner riesigen Camera Obscura bewusst auf alle optischen Hilfsmittel wie Spiegel und Linse. In der Außenwand seiner betretbaren Installation befindet sich in etwa 4 Meter Höhe lediglich eine Lochblende von ca. 2-3 cm Durchmesser, durch die das Tageslicht in den dunklen Container eindringt. Je kleiner das Loch fokussiert ist, desto mehr bündeln sich die Strahlen und umso schärfer wird das Abbild: allerdings zu Lasten seiner Leuchtkraft. Der transparente Stoff, auf den das Licht fällt, steht
ca. 60 cm von der Lochblende entfernt und dient als eine Art  Empfänger oder Membran für die Lichtstrahlen. 

Martin Streit interessiert sich für die Camera 
Obscura nicht unter naturwissenschaftlichen Aspekten, sondern als Mittel und Werkzeug künstlerischer Betrachtungsweise. Sein Anliegen ist es, die Außenwelt, die im Innern des Körpers aufscheint, wie ein gemaltes Bild erstehen zu lassen. Er transformiert die reale Außenwelt in die poetische der Malerei. Ein Live-Bild ist zu sehen. Die Außenwelt wird wie eine Synthese aus bewegtem Bild, Film, Fotografie und Malerei wahrgenommen. Streit arbeitet stets mit verschiedenen Graden von Unschärfe und verlangt den Besuchern Geduld ab, sich auf das Geschehen vor ihren Augen einzulassen. Zeit ist der wesentliche Faktor, die für das Hervortreten des Bildes notwendig ist. Etwa 3-5 Minuten werden benötigt, um das Auge an die Dunkelheit zu gewöhnen und das Abbild gewahr zu werden. Je länger wir uns die Zeit nehmen zu schauen, desto deutlicher und farbiger tritt es in Erscheinung. Es entfaltet sich erst durch die Dauer. Die Camera Obscura von Martin Streit thematisiert damit das Sehen selbst als Bild erzeugenden Prozess. Die Absicht des Künstlers ist es, inmitten eines von Rastlosigkeit geprägten Ortes einen Raum der Stille, Konzentration und Kontemplation entstehen zu lassen.


2014 vor dem Südquerhaus des Kölner-Doms, Rocalliplatz
2022 vor dem Holstentor in der Hansestadt Lübeck

LICHTKAMMER“, eine begehbare Camera Obscura vor dem Holstentor in Lübeck

DAs Holstentor steht Kopf

Vom 20. Mai bis zum 28. August 2022 wird meine begehbare Camera Obscura vor dem Holstentor in Lübeck installiert. 2014 wurde diese bereits vor dem Kölner Dom auf dem Roncalliplatz aufgebaut. Zeitgleich werden neben gemalten Bildern, aktuelle Fotografien, die im März 2022 in Lübeck mit der mobilen Camera Obscura entstanden sind, im St. Annen-Museum in Lübeck gezeigt.

Es erscheint ein Begleitheft zur Ausstellung und eine Sonderedition „Lübeck-Mappe“.

Die feierliche Eröffnung findet am 20.05.2022 um 18 Uhr im St. Annen-Museum in Lübeck statt.

Öffnungszeiten der Camera Obscura     
Montag bis Sonntag  / 10-18 Uhr

Museum Holstentor
Tickets im Museum Holstentor
Holstentorplatz
23552 Lübeck
Telefon Museumskasse
0451-1224129

St. Annen-Museum
St. Annen-Straße 15
23522 Lübeck

Öffnungszeiten St.Annen-Museum     
Dienstag bis Sonntag  / 10 – 17 Uhr

Lübeck-Mappe

Die Werkgruppe entstand im März 2022 mit einer transportablen Camera Obscura.